top of page

Pickleball und Gesundheit – welche Muskelgruppen und Systeme profitieren wirklich?

Pickleball und Gesundheit – welche Muskelgruppen und Systeme profitieren wirklich

Pickleball wirkt auf den ersten Blick wie ein entspanntes Netzspiel, doch unter der Haube läuft ein klares Ganzkörperprogramm ab. Jedes Split-Step, jede Drehung aus der Hüfte und jeder gezielte Dink fordert Herz, Lunge und Muskulatur weit mehr, als viele Neueinsteiger vermuten. Daten aus der Apple Heart & Movement Study (2023) sowie einer Forschungsreihe der North Carolina State University belegen: Freizeitmatches erreichen im Schnitt 70 Prozent der individuellen Maximalherzfrequenz und liefern pro Einheit gut eine Stunde moderat-bis-intensive Belastung – ähnlich wie zügiges Joggen, aber gelenkschonender. Damit ist Pickleball ein veritables Kardiotraining, das gleichzeitig Reaktionsvermögen, Balance und Muskelkraft aufbaut.

Herz-Kreislauf-System

  • Durchgängige Intervallbelastung: Kurze Sprints zur Kitchen wechseln mit aktiven Pausen zwischen den Ballwechseln. Diese natürliche HIIT-Struktur verbessert Schlagvolumen und Sauerstoffaufnahme.

  • Geringe Stoßbelastung: Das kleinere Feld reduziert Laufwege und Spitzenkräfte in Knie- und Hüftgelenk, wodurch auch Untrainierte in die aeroben Bereiche kommen, ohne sich zu überlasten.

  • Blutdruckeffekt: Klinische Beobachtungen an 60-bis-75-Jährigen zeigten nach acht Wochen regelmäßigen Spiels signifikante systolische Senkungen – vergleichbar mit leichtem Ausdauertraining auf dem Ergometer.

Beinmuskulatur – Motor für Antritt und Stop

Hauptmuskel

Funktion im Match

Typische Belastung

Quadrizeps

explosiver Abdruck beim Split-Step

wiederholte Kurzsprints

Gluteus Maximus

Hüftstreckung für Smash-Ansatz

schneller Richtungswechsel

Waden (Gastrocnemius / Soleus)

Stabilisierung bei Vor- und Rückwärtsstops

permanentes Abfedern

Hüftabduktoren (Gluteus Medius)

seitliche Court-Abdeckung

Shuffle-Bewegungen

Eine Utah-Studie zu Sturzprävention fand: Spieler ohne Fallhistorie zeigten messbar stärkere Hüftabduktoren – ein Hinweis, dass Pickleball genau diese Stabilisatoren trainiert.

Rumpf und Core – Drehmoment statt roher Armkraft

RallyDink-Illustration: Pickleball-Spieler im Split-Step, orange hervorgehobene Bauch-, seitliche Core- und Lendenmuskeln zeigen aktive Muskelgruppen beim Schlag.

Jeder Drive beginnt in den Beinen, wird über Becken und Core nach oben übertragen und endet erst im Handgelenk. Regelmäßiges Spielen aktiviert

  • Schräge Bauchmuskeln für Rotations-Power,

  • Transversus Abdominis zur Stabilisierung beim Ausfallschritt und

  • Lendenmuskulatur zur Aufrichtung nach tiefen Dinks.

EMG-Analysen zeigen hier Aktivierungsniveaus, die sonst nur bei Plank-Varianten erreicht werden. Wer Pickleball zwei-bis-drei Mal pro Woche spielt, deckt damit einen Großteil des empfohlenen Core-Trainings ab.

Schultergürtel und Unterarm – Präzision statt Massetraining

Ob Aufschlag, Drive oder kontrollierter Dink: Jeder Schlag beginnt mit einem kurzen Beschleunigungsimpuls aus dem Core, doch die Feinsteuerung übernimmt der Schultergürtel. Rotatorenmanschette und Deltamuskel wirken dabei wie zwei abgestimmte Motore:

  • Rotatorenmanschette – Supraspinatus leitet die Armhebung ein, Infraspinatus und Teres minor bremsen die Außenrotation wieder ab, während Subscapularis den Arm in der Vorwärtsphase stabil hält.

  • Deltamuskel – die vordere Portion beschleunigt den Schläger nach vorn, die mittlere hält den Arm in der Schlagebene, die hintere übernimmt das exzentrische Abfangen, sobald der Ball getroffen ist.


Diese schnell alternierenden Kontraktionen finden unter einer Last von rund 200–230 g statt – viel leichter als ein Tennisschläger. Dadurch entstehen hohe Wiederholungszahlen bei moderater Spannung, was vor allem die intermuskuläre Koordination verbessert: Muskeln und Sehnen lernen, in Bruchteilen von Sekunden zwischen Beschleunigung und Abbremsen umzuschalten. Hypertrophie tritt dagegen kaum auf, Griffkraft und Schulterstabilität steigen dennoch spürbar, weil die tiefen Stabilisatoren kontinuierlich arbeiten müssen.

Auch der Unterarm profitiert:

  • Finger-Flexoren und -Extensoren halten den Paddle-Grip in Position, absorbieren Vibrationen und justieren den Schlagwinkel.

  • Pronator Teres und Supinator rotieren Unterarm und Handgelenk für Topspin-Drives oder blocken harte Volleys – Bewegungen, die im Krafttraining oft zu kurz kommen, im Spiel jedoch Hunderte Male pro Einheit auftreten.

Durch diese Mikroarbeit entsteht ein Trainingseffekt, der in Studien mit isokinetischen Tests sichtbar wird: Nach acht Wochen regelmäßigem Pickleball stieg die isometrische Unterarmkraft der Probanden um durchschnittlich zwölf Prozent – ohne zusätzliches Gewichtstraining.


Praxis-Ergänzung für noch mehr Schultergesundheit

Wer drei einfache Übungen in sein Warm-up einbaut, reduziert das Risiko für Impingement und Golfer-/Tennisellenbogen deutlich:

  1. Band-External-Rotations – 2 × 15 Wiederholungen, Ellbogen am Körper; kräftigt Infraspinatus und Teres minor.

  2. Scap-Push-ups – 2 × 12, Schulterblätter aktiv pro– und retrahieren; verbessert Serratus- und Trap-Aktivität.

  3. Hammer-Pronations/Supinations – 2 × 12 pro Seite mit leichter Kurzhantel; trainiert Unterarmrotatoren symmetrisch.


Die Kombination aus hochfrequentem Schlagtraining auf dem Court und gezielter Aktivierung der Stabilisatoren sorgt dafür, dass Präzision, Griffkraft und Schulterhaltbarkeit parallel wachsen – genau das, was du für lange Matches und verletzungsfreie Saisons brauchst.

Pickleball Praxistipp – Micro-Strength-Routine für zusätzliche Power

  1. Kettlebell Swing × 12 – überträgt Hüftkraft auf den Smash.

  2. Skater Lunge × 10/Seite – simuliert seitliche Court-Deckung.

  3. Standing Pallof Press × 12/Seite – stärkt Anti-Rotation für kontrollierte Drives.Zwei Runden dauern fünf Minuten und passen in jede Aufwärmphase.

Fazit

Pickleball verknüpft moderates Kardiotraining mit funktionellem Muskel- und Koordinationstraining. Quadrizeps, Gluteus, Core und Schulterrotatoren arbeiten im Dauerdialog, während Herz- und Atemfrequenz deutlich über Ruhewerten liegen. Wer das Spiel zwei-bis-dreimal wöchentlich einplant, deckt wesentliche Komponenten der allgemeinen Fitness ab – wissenschaftlich bestätigt und gelenkschonend umgesetzt. Auf diese Weise wird jeder Rally nicht nur zum Punktgewinn, sondern auch zum Invest in langfristige Gesundheit.

bottom of page